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Multiple-Sklerose-Cockpit

Beschreibung

Die Multiple Sklerose ist eine der häufigsten Ursachen für nicht-traumatische Behinderungen. Effektive Therapien verbessern die Prognose, sind aber mit Risiken verbunden. Um die Therapiesicherheit zu gewährleisten, ist ein engmaschiges Monitoring nötig. Im Rahmen eines Pilotprojekts hat die Universitätsklinik für Neurologie des Inselspitals Bern in Zusammenarbeit mit dem Insel Data Science Center (IDSC) mithilfe eines systemübergreifenden Data Warehouse erstmals ein vollständig automatisiertes Laborüberwachungssystem – das Multiple-Sklerose-Cockpit - implementiert und erfolgreich in den klinischen Alltag integriert.

Bereich

Ziel dieses Projekts war die Verbesserung der Sicherheit der Patient*innen im Bereich der Neuroimmunologie.

Laufzeit des Projekts

Start der Entwicklung 2018, Go-Live der finalen Version Herbst 2020, Betrieb bis März 2024. Zurzeit läuft die Integration in das neue Klinikinformationssystem des Inselspitals.

Involvierte Berufsgruppen

Das Cockpit wurde für Ärzt*innen der Neuroimmunologischen Sprechstunde der Universitätsklinik für Neurologie entwickelt. An der Umsetzung des Projekts beteiligt waren zusätzlich zu den genannten Ärzt*innen auch Projektmanager*innen aus der Direktion Medizin sowie der Direktion für Technologie und Innovation als Verantwortliche für die Projektplanung und Koordination, Data Engineers als Verantwortliche für das Data Warehouse und die Reporting-Infrastruktur, und eine für die Entwicklung der dem Cockpit zugrunde liegenden Algorithmen und die Gestaltung der Benutzeroberfläche verantwortliche Person mit einem wissenschaftlich-technischen Hintergrund.

Eignung

Der gewählte Ansatz, die relevanten Daten mithilfe eines zentralen Data Warehouse automatisiert und tagesaktuell aufzubereiten und über eine interaktive Webseite auf einem internen, gesicherten Server bereitzustellen, erlaubt ein effizientes und unabhängiges Arbeiten. Zudem lassen sich die Prozeduren und Algorithmen auch auf andere Bereiche ausweiten und skalieren.

Ablauf

Das vorliegende Projekt wurde als Kollaboration der Klinik und des IDSC geplant und in einem iterativen, interaktiven Prozess umgesetzt. In einer ersten Phase wurde eine minimale Auswahl an Laborparametern einmal wöchentlich aufbereitet und der Klinik zur Evaluation zur Verfügung gestellt. Parallel dazu hat das IDSC ein Data Warehouse sowie die Infrastruktur für automatisierte Reportings aufgebaut und optimiert. In einer zweiten Phase wurden die automatische Aktualisierung der Kohorte sowie die automatische Aufbereitung der Labordaten umgesetzt. Zudem wurden Algorithmen entwickelt, die Informationen zu Immuntherapien mit Diagnose- sowie Labordaten verknüpfen. In einer dritten Phase wurde die Implementierung eines via internes Netzwerk verfügbaren Dashboards umgesetzt. In dieser Phase wurde der Fokus insbesondere auch auf die Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit gelegt, und die Filterungs-, Anzeige-, und Visualisierungswerkzeuge wurden optimiert.

Methodik

In einem speziell dafür angelegten und nur für an diesem Projekt beteiligte Mitarbeitende freigegebenen Bereich des Data Warehouse wurde eine MS-spezifische Datenbank aufgebaut, in der die relevanten Daten abgelegt und zur Anzeige im Cockpit aufbereitet werden. Die Daten werden einmal alle 24 Stunden über einen Batch-Prozess geladen und mithilfe von speziell entwickelten Algorithmen aufbereitet; Therapiedaten werden beispielsweise durch spezifisch für diesen Zweck entwickelte Algorithmen aus Freitexten extrahiert und mit den Labordaten verknüpft. Patient:innen werden automatisch eingeschlossen, sobald ein Termin in der Sprechstunde für sie geplant wird, so dass das keine manuelle Verwaltung von Kohortenlisten notwendig ist. Das MS-Cockpit wurde als Report mit Microsoft SQL Server Reporting Services (SSRS) erstellt, wobei die einzelnen Seiten des Reports untereinander, z.B. über die Patient:innen-ID, verknüpft und somit einfach navigierbar sind.

Aufwand und Kosten

Das Projekt wurde durch interne Mittel finanziert.

Nutzen und Wirksamkeit

Die Nutzung des MS-Cockpits hat aufgezeigt, dass die Prozesse in der Klinik viel effizienter gestaltet werden konnten. Eine schnellere Reaktionszeit hat dazu geführt, dass gefährliche Komplikationen wie z.B. Leberwerterhöhungen, Lymphopenien oder Neutropenien zeitnah erkannt und die nötigen Massnahmen eingeleitet werden konnten. Auch nicht direkt mit MS in Verbindung stehende Komplikationen wurden erkannt; so konnte beispielsweise bei einem Patienten eine Bluterkrankung, und bei anderen Patient:innen frequente Infekte als Folge einer Immundefizienz früherkannt werden. Bei einem Patienten konnte dank des Cockpits eine Orphan Disease frühzeitig erkannt und erfolgreich behandelt werden. Von Seiten der betroffenen Patient:innen hat die Klinik positive Rückmeldungen erhalten; die proaktive Kontaktaufnahme bei Ereignissen in anderen Kliniken des Spitals habe ihnen ein Gefühl der Sicherheit dank einer umfassen den, interdisziplinären Betreuung vermittelt. Im COVID-19-Jahr 2020 war das Cockpit zudem ein wertvolles Instrument für eine gezielte Patientenbetreuung. Für die rund 2'000 Patient:innen der Sprechstunde konnte basierend auf bekannten Risikofaktoren eine Risikoabschätzung vorgenommen werden, und die betroffenen Personen konnten sensibilisiert und gegebenenfalls durch eine Therapieanpassung proaktiv geschützt werden.

Interessensverbindung

In diesem Projekt wird die Digitalisierung genutzt, um Daten den richtigen Personen verfügbar zu machen ohne einen relevanten Zeitverzug. Hierdurch wird die Qualität der Arbeit verbessert, die Patientensicherheit erhöht und Prozesse standardisiert und effizienter gestaltet. Es war ein Teamleistung. Ich möchte daher an dieser Stelle auf die unter weitere Informationen und Kontakte gelisteten Personen (Dr Endrich und Dr Marti) hinweisen, welchen ich für die Umsetzung des Projektes sehr dankbar bin.

Weitere Informationen und Kontakt

Dr. med. Olga Endrich 
Leiterin Product Line Medizin IDSC 
Direktion Medizin 
Inselspital Universitätsspital Bern 
Freiburgstrasse 
3010 Bern 
[email protected] 

Dr Stefanie Marti 
Wissenschaftliche Mitarbeiterin 
Universitätsklinik für Neurologie 
Inselspital Universitätsspital Bern 
Freiburgstrasse 
3010 Bern 
[email protected] 

PD Dr. med. Robert Hoepner 
Stv. Leiter Ambulantes Neurozentrum 
Universitätsklinik für Neurologie 
Inselspital Universitätsspital Bern 
Freiburgstrasse 
3010 Bern 
[email protected] 
 

Inselspital
PD Dr. Robert Hoepner
Landhasuweg 13
3010 Bern

E-Mailrobert.hoepner
Tel+41764389564

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