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Berufsentwicklung
Branchenlösung Arbeitssicherheit

Branchenlösung für Arbeitssicherheit in der Arztpraxis

Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden nach dem Unfallversicherungsgesetz (UVG) versichern, müssen die Richtlinien der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) einhalten. Dies gilt auch für Arztpraxen. Damit letztere ihren gesetzlichen Verpflichtungen in Sachen Arbeitssicherheit nachkommen können, hat die FMH zusammen mit Arbeitssicherheit Schweiz eine speziell auf die ambulante Ärzteschaft zugeschnittene Branchenlösung ausgearbeitet.

Nach dem Unfallversicherungsgesetz (UVG) versicherte Unternehmen müssen die Richtlinien der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) einhalten. Um den Aufwand zu minimieren, der mit diesen gesetzlichen Verpflichtungen einhergeht, hat die FMH zusammen mit Arbeitsspezialisten von Arbeitssicherheit Schweiz eine Branchenlösung für die ambulante Medizin ausgearbeitet. Diese ermöglicht es Ärztinnen und Ärzten als Arbeitgebern, ihre Verantwortung für Arbeitssicherheit in der eigenen Arztpraxis auf einfache, interaktive und praxisorientierte Weise wahrzunehmen. Die Branchenlösung der FMH kann von allen ambulanten Praxen der Schweiz verwendet und individuell auf die jeweilige Praxis angepasst werden.

Sicherheitshandbuch erstellen und Sicherheitsbeauftragte benennen

Konkret geht es in Arztpraxen hauptsächlich darum, ein Sicherheitshandbuch mit einem Massnahmenkatalog zu erstellen sowie einen Sicherheitsbeauftragten oder eine Sicherheitsbeauftragte (SiBe) zu bestimmen. Letzteren obliegt die Planung und Umsetzung der Massnahmen zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz. Die Branchenlösung der FMH unterstützt die Sicherheitsbeauftragten mit einem Modulbuch und der Software PREVITAR bei der Erstellung des Sicherheitshandbuchs, der Auswahl der geeigneten Massnahmen und bei der Dokumentation des Umsetzungsstands der gewählten Sicherheitsmassnahmen.

Die Module des Modulbuchs enthalten verschiedene Kapitel zu den in Arztpraxen auftretenden Gefahren. Dank der benutzerfreundlichen Software PREVITAR kann jede Arztpraxis die für sie relevanten Module und Kapitel auswählen und interaktiv ein eigenes «Sicherheitshandbuch» erstellen, das nur jene Sicherheitsmassnahmen enthält, die für die eigene Praxis sinnvoll und angezeigt sind.

Um eine sachgerechte und praxistaugliche Auswahl an Themenbereichen (Sicherheitsmodulen) und an wählbaren Massnahmen sicherzustellen, hat eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus Ärztinnen und Ärzten ihre Erfahrungen in die Sicherheitsmodule einfliessen lassen und ihre Praxen für einen Praxistest zur Verfügung gestellt.

FAQ – Branchenlösung für Arbeitssicherheit in der Arztpraxis

Was ist eine Branchenlösung im Bereich der Arbeitssicherheit?

Eine Branchenlösung dient einem Arbeitgebenden als Sicherheitsbaukasten, mit welchem er sämtliche Aspekte seines Unternehmens abdecken kann, die für das Personal oder die Struktur ein potenzielles Sicherheitsrisiko darstellen. Eine Branchenlösung kommt als webbasierte Software daher, welche es erlaubt, Tätigkeiten und Gefährdungen zu filtern. So kann ein auf die eigene Praxis zugeschnittenes Sicherheitshandbuch erstellt werden.

Sind Ärztinnen und Ärzte von der Branchenlösung direkt betroffen?

Ja. Da in fast allen Arztpraxen besondere Gefährdungen gemäss EKAS-Richtlinie 6508 vorkommen (z.B. gesundheitsgefährdende Stoffe, ionisierende und/oder nichtionisierende Strahlungen, biologische Substanzen, Laser), müssen Ärztinnen und Ärzte generell Massnahmen für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz treffen und nachweisen können.

Branchenlösungen sind im medizinischen Bereich nichts Neues: Krankenhäuser, Pflegeheime und Spitex sind einige Beispiele für Bereiche des Gesundheitswesens, die über eigene Branchenlösungen verfügen.

In den letzten Jahren sind Arztpraxen in das Blickfeld der kantonalen Arbeitsinspektorate geraten und gelten nun als Wirtschaftsbereiche, in denen Risiken bestehen, die eine individuelle oder branchenspezifische Lösung im Sinne der Arbeitssicherheit erfordern. Als Wirtschaftsbereich, in welchem besondere Risiken bestehen, ist eine individuelle oder branchenspezifische Lösung für Arbeitssicherheit erforderlich.

Darstellung zu ergreifende Massnahmen

Was unterscheidet die Branchenlösung für Arztpraxen von anderen Lösungen oder Konzepten, die ich bereits in meiner Praxis einsetze (z.B. Hygienekonzept, Apothekenkonzept)?

Die Branchenlösung befasst sich mit den Themen Hygiene sowie Medikation und gibt Richtlinien vor, die anzuwenden sind, kann aber ein vollwertiges, spezialisiertes Hygienesystem nicht vollständig ersetzen, da die Hauptaufgabe der Branchenlösung in der Arbeitssicherheit und im Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden liegt. Hygiene- und Apothekenkonzept können im Gegenzug jedoch auch nicht die Branchenlösung (bzw. ein adäquates Sicherheitskonzept) ersetzen. Um den gesetzlichen Bestimmungen gerecht zu werden, kann sich beides als notwendig erweisen.

Treten in meiner Praxis «besondere Gefährdungen» auf?

Auch wenn auf den ersten Blick keine Gefahren oder Risiken in Ihrer Praxis aufzutreten scheinen, lohnt sich ein Blick in den Anhang I der ASA-Richtlinie 6508. Darin sind die besonderen Gefährdungen aufgelistet, die dazu führen, dass zwingend Spezialisten der Arbeitssicherheit zur Umsetzung eines Sicherheitssystems beigezogen werden müssen –
sei dies auf Mandatsbasis oder in Form der Branchenlösung.

Zu diesen «besonderen Gefährdungen», die möglicherweise in Ihrer Praxis auftreten können, gehören unter anderem Infrarotstrahlungen, elektromagnetische Felder, Laser der Klassen 3B und 4 sowie biologische Agenzien der Risikogruppen 2, 3 oder 4 sowie weitere Chemikalien. Für eine vollständige Übersicht konsultieren Sie bitte den Anhang I der ASA-Richtlinie 6508. Bei konkreten Fragen zu einzelnen Gefährdungen kontaktieren Sie Arbeitssicherheit Schweiz (Tel. 044 388 71 91, [email protected]).

Ist die Branchenlösung für Arztpraxen gleichzusetzen mit einem Qualitätsmanagementsystem für die Zulassung?

Die Branchenlösung für Arztpraxen ist ein Qualitätsmanagementsystem für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Sie kann in ein umfassendes QMS integriert werden.

Die FMH ist derzeit daran abzuklären, ob die Branchenlösung für Arztpraxen als Qualitätsmanagementsystem für die Zulassung eingesetzt werden kann.

Was beinhaltet die Branchenlösung für Arztpraxen?

Die Branchenlösung für Arztpraxen besteht aus 17 Kapiteln, die 511 Massnahmen enthalten. Die Kapitel lauten:

  1. Archiv, Magazin
  2. Beleuchtung
  3. Entsorgung von Abfällen
  4. Ergonomie
  5. Gefahrstoffe in der Praxis
  6. Hygiene, Schmuck, Kosmetika
  7. Kleinbüro
  8. Medikamente
  9. Medizinische Geräte und Maschinen
  10. Medizinische Strahlung
  11. Medizinisches Labor
  12. Mikroorganismen
  13. Operative Behandlung
  14. Patientenbesuche
  15. Patientenkontakt
  16. Raumklima
  17. Reinigungs- und Flächendesinfektionsarbeiten 

Zusätzlich stehen allen Mitgliedern von Arbeitssicherheit Schweiz allgemein gültige Kapitel zur Verfügung, die auch für Arztpraxen relevant sein können:

  • Alleinarbeit
  • Arbeits- und Ruhezeiten
  • Chronische Erkrankungen bei Mitarbeitern
  • Einkauf von Arbeitsmitteln
  • Fremdfirmen und temporäre Arbeitskräfte
  • Gesundheitsförderung (fakultativ)
  • Jugendschutz
  • Mutterschutz
  • Nichtberufsunfälle (fakultativ)
  • Notfall
  • Psychische Gesundheit
  • Sozialräume
  • Suchtmittel

Was, wenn ein Bereich nicht berücksichtigt wurde, den ich abdecken muss?

Eine Branchenlösung ist «lebendig», das heisst, sie befindet sich in ständiger Entwicklung. Wenn ein Bereich bei der bestehenden Lösung nicht berücksichtigt worden ist, kann der Schweizerische Verband für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz kontaktiert und es kann der fehlende Bereich gemeldet werden. Die Sicherheitsspezialisten prüfen das Problem und passen bei Bedarf die Branchenlösung an. Sie ist darauf ausgelegt, sich im Laufe der Zeit weiterzuentwickeln, und es muss in jedem Fall eine periodische Überprüfung der getroffenen Massnahmen stattfinden, um ihre Anwendbarkeit und Rechtsgültigkeit zu gewährleisten.

Wie muss ich vorgehen, um die Branchenlösung für meine Arztpraxis zu erhalten?

Für den Bezug der Branchenlösung ist eine Mitgliedschaft bei Arbeitssicherheit Schweiz Voraussetzung.

Im Anmeldeformular unter www.arbeitssicherheitschweiz.ch/de/arzt können Sie sich als Mitglied bei Arbeitssicherheit Schweiz anmelden und das Modulbuch (Kernelement der Branchenlösung – im Tool PREVITAR digital) direkt bestellen. Ausserdem müssen Sie unter anderem die Personalien der oder des Sicherheitsbeauftragten (SiBe) angeben. Die Funktion der oder des SiBe können Sie selbst oder andere Mitarbeitende der Praxis (unabhängig ihres Berufs) wahrnehmen.

Angaben zu den Kosten der Branchenlösung finden Sie hier:
Was kostet eine Branchenlösung?

Die Branchenlösung scheint komplex für kleine Praxen, gibt es eine Branchenlösung «light»?

Jede Arztpraxis ist anders, sei es von einem Fachgebiet zum anderen, aufgrund der darin enthaltenen medizinischen Geräte oder aufgrund der Art der durchgeführten Eingriffe, unabhängig von der Grösse der Arztpraxis. Eine Branchenlösung sollte so breit wie nötig, aber so übersichtlich wie möglich sein. Deshalb ist die Branchenlösung für Arztpraxen modular aufgebaut, entsprechend den individuellen Besonderheiten und Bedürfnissen einer jeden Arztpraxis.

Jede Praxis kann mit der Software PREVITAR (kostenlos für Mitglieder der Branchenlösung) auch eine einfache Light-Version erstellen.

Individuelle Einzellösungen ohne Mitgliedschaft bei der Branchenlösung sind ebenfalls möglich, wobei dazu die jeweilige Praxis die Spezialisten für Arbeitssicherheit mit der individuellen Erarbeitung der Massnahmen beauftragen muss.

Was kostet eine Branchenlösung?

Die Branchenlösung kostet einmalig CHF 750.-. Dazu gehört der Zugriff auf die Computersoftware PREVITAR, die es ermöglicht, die Module nach den Bedürfnissen der jeweiligen Praxis zu filtern und die Umsetzung der Massnahmen zu überwachen.

Was rechtfertigt diese Kosten?

Eine Branchenlösung ist ein lebendiges Gebilde, das heisst, sie muss sich weiterentwickeln und an neue Technologien und an die Arbeitsorganisation in der Arztpraxis anpassen, sonst droht sie zu veralten. Andererseits muss eine Branchenlösung, um vor dem Gesetz Bestand zu haben, zertifiziert sein oder von einem Anbieter entwickelt werden, der alle 5 Jahre von der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) zertifiziert wird. Dies wird bei der vorliegenden Branchenlösung durch den Schweizerischen Verein für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet. Die jährlichen Kosten von CHF 310.- decken die kontinuierliche Weiterentwicklung und Rezertifizierung ab.

Gibt es Alternativen zur Branchenlösung für Arztpraxen?

Es existieren weitere Anbieter von Branchenlösungen im Gesundheitswesen, jedoch gibt es keine speziell auf die Bedürfnisse von Arztpraxen zugeschnittene Branchenlösung – bestenfalls findet sich eine, die an eine Arztpraxis angepasst werden kann. Dank der finanziellen Beteiligung der FMH an der Entwicklung der Branchenlösung für Arztpraxen durch den Schweizerischen Verein für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz konnte ein im Vergleich zu Mitbewerbern am Markt kostengünstiges Produkt (Preisspanne von CHF 700.- bis 1‘600.- pro Jahr, je nach Anbieter) angeboten werden, das von Ärztinnen und Ärzten für Ärztinnen und Ärzte entwickelt worden ist. 

Warum wird die Branchenlösung nicht direkt von der FMH angeboten?

Die FMH ist der Berufsverband der Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz. Sie hat als Dachorganisation nicht die Kompetenz, um intern eine Branchenlösung zu entwickeln und verfügt folglich auch nicht über eine EKAS-Zertifizierung, die eine eigene Branchenlösung rechtsgültig machen würde. Aus diesem Grund musste eine Organisation hinzugezogen werden, welche diese Kriterien erfüllt. Die Entscheidung für den Schweizerischen Verein für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz fiel zum einen aufgrund seiner Erfahrung bei der Bereitstellung von Branchenlösungen für KMU, insbesondere im Gesundheitsbereich, zum anderen aufgrund seiner laufenden EKAS-Zertifizierung und der Tatsache, dass die FMH dem VAG-Vorstand beitreten konnte, was der FMH eine Interessenvertreterrolle in der Steuerung des Verbandes einräumt.

Muss das Praxispersonal geschult werden, damit die Arbeitssicherheit umgesetzt werden kann?

Die Arztpraxis sollte aus dem Kreis der Mitarbeitenden eine/einen «Sicherheitsbeauftragten» (SiBe) bestimmen, der/die die für alle Mitarbeitenden geltenden Sicherheitsmassnahmen umsetzt oder anordnet. Diese Person kann (fakultativ) einen Kurs für Sicherheitsbeauftragte beim Schweizerischen Verein für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz absolvieren. 

Wie hoch ist der zusätzliche Arbeitsaufwand für die Implementierung der Branchenlösung für Arztpraxen?

Grundsätzlich gilt festzuhalten, dass die Branchenlösung für Arztpraxen den Aufwand reduziert, der für die gesetzlich vorgeschriebene Implementierung eines Sicherheitskonzepts notwendig ist. Sie bietet gerade für grössere Praxen viel mehr eine Aufwandersparnis gegenüber einer individuellen Lösung. Die Anzahl zu investierenden Stunden ist aufgrund der Unterschiede zwischen den einzelnen Arztpraxen schwierig zu berechnen. Nach einem Initialaufwand von ca. einem halben Tag zum Einrichten des individuellen Praxishandbuchs, bedarf es regelmässig einen – je nach Situation im Betrieb mehr oder weniger grossen – Aufwand zur Planung und Umsetzung bedarfsgerechter Massnahmen.

Administrativer Aufwand

Tabelle Administrativer Aufwand

Was geschieht, wenn ich in meiner Praxis kein Sicherheitskonzept implementiere?

Die Rechtslage ist seit mehreren Jahren unverändert, was bedeutet, dass ein Sicherheitskonzept schon heute verpflichtend ist. Wenn sich eine Arztpraxis dafür ausspricht, die Branchenlösung zu implementieren, werden die Arbeitsinspektorate sicherlich Verständnis dafür aufbringen können, dass nach der Lancierung am 23. August 2021 noch einige Zeit benötigt wird, um Massnahmen umzusetzen. Wer kontrolliert wird, ohne über ein Sicherheitskonzept zu verfügen, muss mit Konsequenzen rechnen. Über Form und Ausmass der Auflagen entscheidet der jeweilige Kanton, abhängig vom konkreten Vergehen.

Sollte sich ein Vorfall ereignen, der mit einem korrekt umgesetzten Sicherheitskonzept hätte verhindert werden können, kann der Versicherer Regress nehmen.

Wer hilft mir weiter?

Wenn Sie unsicher sind, ob die Branchenlösung für Ihre Praxis geeignet ist oder wenn Sie beim Anmeldeprozess Unterstützung benötigen, steht Ihnen die Abteilung Dienstleistungen und Berufsentwicklung der FMH gerne zur Verfügung (Tel. 031 359 11 11, [email protected]).

Wenn Sie erwägen, die Funktion der oder des Sicherheitsbeauftragten zu externalisieren, wenden Sie sich an Herrn Patrick Tuor von FMH Services (Tel. 041 925 00 77, [email protected]). Der Aufbau und die Bedienung von PREVITAR wird ausserdem in den frei zugänglichen Videos von Arbeitssicherheit Schweiz erklärt.

Scheint die Branchenlösung nicht alle Gefährdungen in Ihrer Praxis abzudecken oder bestehen aus Ihrer Sicht andere Mängel am Tool, zögern Sie nicht, mit Frau Dunja Burren von Arbeitssicherheit Schweiz in Verbindung zu treten (Tel. 044 388 71 91, [email protected]).

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