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04.07.2023 – Aktueller Stand Projekt SCD – Ablösung Tessiner Code

Aktueller Stand Projekt SCD – Ablösung Tessiner Code

Infoletter 3/2023 vom 4.7.2023

Die Informationen beziehen sich auf den Stand bei Publikation.

Mit Einführung der Tarifstruktur TARMED für ambulante ärztliche Behandlungen im Jahr 2004 haben die Vertragspartner santésuisse und FMH gemeinsam vereinbart (Anhang 4 des Rahmenvertrags TARMED), dass grundsätzlich jede Rechnung einen Diagnosecode enthalten muss. Als Klassifikationssystem legten sie den Tessiner Code[1] fest. Die Diagnosen des Tessiner Code bestehen aus einem Grossbuchstaben und einer Zahl und sind eine eigene Schweizer Lösung ohne internationale Ableitung oder Kompatibiliät. Der Tessiner Code beschreibt meist nur ein Organ, einen Körperteil oder ein sehr breit gefasstes Krankheitsbild wie Asthma oder Schlafstörungen. Er ist heute die am häufigsten verwendete Kodierung in der ambulanten Versorgung in der Schweiz[2] und deckt die Anforderungen des KVG für eine detaillierte und verständliche Rechnung ab. Er ist verhältnismässig. Der Tessiner Code ist ausschliesslich im TARMED-Rahmenvertrag zwischen den Vertragspartnern festgelegt. Bei einem Wechsel der Tarifstruktur im ambulanten Bereich wird damit auch die Grundlage für dessen Verwendung wegfallen. Per 1. Januar 2025 ist vorgesehen, dass die neue Tarifstruktur TARDOC und ambulante Pauschalen für ambulant ärztliche Behandlungen in Kraft treten soll.

Das Bundesamt für Statistik (BfS) hat am 12. Januar 2023 einen Grundlagenbericht zur Klassifikation der Diagnosen und Prozeduren in der ambulanten Gesundheitsversorgung publiziert. Hintergrund dieses Berichtes ist ein Auftrag des Bundesrates zur Analyse der Kodierungselemente von ambulanten Patientendaten. Dieser Bericht soll ein Schritt auf dem Weg zur Umsetzung des Artikels 59abis der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) sein, welcher sich auf Artikel 42 Abs. 3 und 3bis des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) bezieht. Aus Basis dieser Grundlage sollen dann die Leistungserbringer in der ambulanten Versorgung verpflichtet werden, den Versicherern bei der Rechnungstellung Diagnosen und Prozeduren mitzuteilen, wobei dies unter der Wahrung des Verhältnismässigkeitsprinzips erfolgen soll. Mit der Umsetzung sollen Daten für nationale Morbiditätsstatistiken und internationale Vergleiche, für die Rechnungsstellung, für die Kommunikation zwischen Patientinnen und Patienten, Leistungserbringern und Kostenträgern sowie für die Überwachung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen zur Verfügung gestellt werden können. Mit dem nicht fundierten Detaillierungsgrund und der fehlenden internationalen Vergleichbarkeit (kein Mapping auf andere Codesysteme) des Tessiner Code, wird es mit diesem nicht umsetzbar sein. Es braucht damit ein neues Kodesystem im praxisambulanten Bereich mit dem die gestiegenen Anforderungen insbesondere an die statistischen Zwecke des Bundesamt für Gesundheit erfüllt werden können.

Idee des Projektes SCD

Das BfS verlangt für statistische Zwecke mehr Daten, die anonymisiert an das BfS weiterzuleiten sind. Der Tessiner Code reicht hierfür nicht aus. Die FMH schlägt aus Effizienzgründen einen neuen Code vor und möchte für die Darlegung von Morbiditätsstatistiken, Abschätzung der ambulanten Kosten der verschiedenen Krankheiten und Versorgungsforschung ein verlässlicheres und international kompatibles Kodiersystem einsetzen. Die FMH hat aus diesen Gründen im Herbst 2021 proaktiv das Projekt SCD (Swiss classification groups of disease and related health problems) gestartet. Das vorerst rein FMH-interne Projekt hat in den letzten Monaten gemeinsam mit den medizinischen Fachgesellschaften fachspezifische Diagnosesets, auf Basis der beiden international weitverbreiteten Kodiersystemen ICD-10 und in der Grundversorgung auf ICPC-2, definiert, mit denen rund 80-90% des jeweiligen Behandlungsspektrum abgebildet werden. Es zeigte sich, dass dafür lediglich 15-25 Diagnosen pro Fachgebiet notwendig sind. Die Menge an Diagnosen ist fachdisziplinabhängig – Grundversorgerinnen und Grundversorger benötigen mehr Diagnosen als andere Fachdisziplinen. Um die restlichen 10-20% des Behandlungsspektrum abbilden zu können, wären je nach Fachgebiet über 200 zusätzliche Diagnosen notwendig. Zusätzlich zu diesen ICD-Diagnosen sollen pro Fachgebiet noch ein Eintrag «nur an den Vertrauensarzt» sowie «Diagnose/Problem nicht im fachgruppenspezifischen Sample enthalten» ergänzt werden. Weiter steht es den Ärztinnen und Ärzten frei nicht im Diagnoseset enthaltene Diagnosen auf Basis ICD-10 oder ICPC zu verwenden. Dieser Code deckt die Bedürfnisse des BfS ab und kann auch für die Rechnungsstellung Verwendung finden.

ICD-10 ist ein bis zu fünf stelliger Code und damit lassen sich Krankheiten detailliert und spezifisch defnieren. Das Projekt SCD wird die fachspezifischen Diagnosesets auf drei Stellen begrenzen (ein Buchstabe (Kapitel) gefolgt von zwei Zahlen). Damit lassen sich die Krankenheiten deutlich genauer spezifizieren als beim Tessiner Code, genügend ausführliche Daten für Statistikzwecke (Morbiditätsstatistiken) generieren und gleichzeitig sind diese Diagnosen nicht zu detailliert, dass zu spezifische Informationen über die Krankheiten kodiert werden. Die Erfassung der Diagnosen erfolgt auf Rechnungsebene (und damit nicht auf Tarifpositionsebne).

Datenschutzkonforme Umsetzung

Die Verhältnismässigkeit sowie die Zweckmässigkeit der Weitergabe des Diagnosecodes muss sowohl zum Schutz der Patientin bzw. des Patienten als auch zum Schutz des Leistungserbringenden gegeben sein. Wir schlagen daher, in Anlehnung an die bereits im stationären Bereich gepflegte Containerlösung, ein Message-Split bei der Rechnungsübermittlung an die Krankenversicherer vor. Das Projektteam führte dazu zur datenschutzrechtlichen korrekten Umsetzung mit dem Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten (EDÖB) ein Gespräch. Die Erkenntnisse daraus sollen in die Finalisierung der fachspezifischen Diagnosesets einfliessen.

Die anonymisierte Übermittlung der Rechnungs- und Diagnosedaten kann entweder über das Trustcenter oder über die Versicherung und vertrauensärztlichen Dienst an das Bundesamt für Statistik geschehen. In beiden Fällen handelt es sich um anonymisierte Daten, bei dem die Patientin bzw. der Patient aufgrund der Daten nicht identifiziert werden kann.

Weiteres Vorgehen

Bis Ende August werden nun im Projektteam die von den Fachgesellschaften erarbeiteten fachspezifischen Diagnosesets eingehend geprüft (Eindeutigkeit, Detaillierungsgrad, Nachvollziehbarkeit, etc.) und im Anschluss mit den Fachgesellschaften gemeinsam finalisiert. Danach ist ein Pilotprojekt mit Anwendung bis hin zur Auswertung der fachspezifischen Diagnosesets vorgesehen. Weitere Informationen folgen nach Abschluss der Finalisierungsarbeiten.

 

[1] Tessiner-Code.doc (live.com)

[2] Vgl. Wieser et al., Grundlagenbericht zur Klassifikation und Kodierung der Diagnosen und Prozeduren in der ambulanten Gesundheitsversorgung, Bundesamt für Statistik (2023)

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