FMH – Berufsverband
 
SÄZ - Schweizerische Ärztezeitung
Ausgabe 49-50 Mitgliederorganisationen – SGVP

Statement: Gesellschaft für Versicherungspsychiatrie

Versicherungspsychiatrie: Psychische Störungen haben ungünstige Folgen für die Partizipation und Lebensqualität der Betroffenen, aber auch für die Volkswirtschaft. Für eine adäquate Ressourcenzuteilung ist versicherungspsychiatrische Kompetenz unabdingbar. In der Schweiz ist der Erhalt dieser ärztlichen Kompetenz gefährdet.

Claudine Aeschbach
Vorstand SGVP

Gerhard Ebner
Vorstand SGVP

Monika Hermelink
Vorstand SGVP

Mounira Jabat
Vorstand SGVP

Michael Liebrenz
Vorstand SGVP, Universität Bern*

Ralph Mager
Präsident SGVP (Schweizerische Gesellschaft für Versicherungspsychiatrie), Vorstand SGVP, Universität Basel

Beate Martin
Vorstand SGVP, Suva

Roman Schleifer
Vorstand SGVP

Die Psychiatrie nimmt bei versicherungsmedizinischen Begutachtungen zur Abklärung von gesundheitlichen Einschränkungen unter allen Fachdisziplinen eine zentrale Rolle ein. OECD-Berichte und Datenerhebungen (OECD 2012, OECD 2014) belegen die massiv zunehmenden Folgekosten von psychischen Störungen in der Gesellschaft. Betroffen sind zudem immer mehr auch jüngere Menschen. Entsprechend findet diese Thematik auch vermehrt Eingang in politische Agenden, wobei sich eine gesellschaftliche Bewältigung der Problematik nicht wirklich abzeichnet. Es besteht ein hoher Bedarf an versicherungspsychiatrischer Kompetenz in der Begutachtung und Beurteilung psychisch kranker Menschen. Die Gewährleistung dieser Kompetenz ist aus Sicht der SGVP aber aktuell durch verschiedene Fehlentwicklungen gefährdet.

Fachwissen vermitteln und Nachwuchs fördern
In der Schweiz wurden jüngst vom Gesetzgeber verschiedene auf die Qualität von Gutachten bezogene Massnahmen initiiert, einschliesslich der Schaffung der «Eidgenössischen Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung» (EKQMB). In Anbetracht dieser wichtigen und aufwändigen Aktivitäten eines politisch initiierten Massnahmenkataloges verwundert jedoch die Asymmetrie der bisherigen Massnahmen. So fehlt bisher ein Ansatz, die Qualität der universitären Ausbildung von Medizinern im Umgang mit versicherungspsychiatrischen Fragen zu sichern. Tatsächlich gelingt es in der Schweiz immer weniger, die Voraussetzungen aufrecht zu erhalten, um versicherungspsychiatrisches Wissen an Universitäten zu vermitteln und Nachwuchs für diesen wichtigen medizinischen Bereich zu gewinnen. Dieser Mangel zeigt sich auch daran, dass Assistenzärztinnen und Assistenzärzte heute sogar in Universitätskliniken und öffentlichen Spitälern Mühe haben, die für die Weiterbildung notwendigen Gutachten mit kompetenter Supervision durchzuführen. Gegenläufig zu der politisch gewünschten Verbesserung kommt es hier aktuell zu erheblichen qualitativen und quantitativen Verschlechterungen in der Weiter- und Fortbildung durch Schliessungen von universitären und öffentlichen Gutachtenszentren. Die finanziellen Rahmenbedingungen der Spitäler lassen diese Tätigkeiten kaum noch zu, Ersatzkonzepte fehlen. Dies gilt insbesondere für Gutachten im IV-Bereich, die im besonderen Masse auch an öffentlichen Einrichtungen möglich sein sollten, um eine für alle Beteiligten ersichtliche Unparteilichkeit zu gewährleisten.


Bisher fehlt ein Ansatz, die Qualität der universitären Ausbildung von Medizinern im Umgang mit versicherungspsychiatrischen Fragen zu sichern.
 

Verankerung an Universitäten
Wir als medizinische Fachgesellschaft SGVP (Schweizerische Gesellschaft für Versicherungspsychiatrie) sehen die Notwendigkeit einer Neubetrachtung der Verankerung der Versicherungspsychiatrie an den Universitäten. Es ist unübersehbar, dass in der Schweiz gerade ein neuer schwerer struktureller Mangel an den medizinischen Fakultäten der Universitäten im Bereich der Versicherungspsychiatrie entsteht. Dieser gefährdet die inhaltliche Qualität von psychiatrischen Beurteilungen und damit die Fairness im Abklärungsverfahren. Es wird zur Umsetzung der politisch gewünschten Qualitätsverbesserung unabdingbar sein, eine nachhaltige strukturelle Förderung der Weiterbildungsinstitutionen sicherzustellen. Qualität kann nur sinnvoll gesichert werden, wenn auch strukturell die Voraussetzungen dazu geschaffen sind.


​​​​​​​Wir sehen die Notwendigkeit einer Neubetrachtung der Verankerung der Versicherungspsychiatrie an den Universitäten.

Korrespondenz
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* Folgende Interessenkonflikte bestehen: Michael Liebrenz ist Präsident der EKQMB und Vorstandsmitglied der SGVP. Die obige Stellungnahme gibt die Meinung des Vorstandes der SGVP wieder. Die Meinungen und Positionen der EKQMB bleiben davon unberührt.

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