Im Jahr 2024 wurden wichtige Weichen für die Gesundheitsversorgung in der Schweiz gestellt – mit entscheidenden Fortschritten und wichtigen Entwicklungen, an denen die FMH massgeblich beteiligt war. Besonders hervorzuheben ist die erfolgreiche Kampagne «Für Sie», mit der die FMH die zentrale Rolle der Ärzteschaft sichtbar und auf den akuten Fachkräftemangel aufmerksam gemacht hat. Die Veröffentlichung der FMH-Ärztestatistik unterstrich die Dringlichkeit, nachhaltige Massnahmen wie den Ausbau von Ausbildungsplätzen und eine administrative Entlastung zu ergreifen, um die Versorgung langfristig zu sichern.
Mit der Einreichung von TARDOC und der ambulanten Pauschalen wurde ein bedeutender Meilenstein erreicht. Das Tarifpaket wird die veraltete Tarifstruktur TARMED ablösen und ab 2026 eine zeitgemässe Vergütung ambulanter Leistungen sicherstellen. Ein klares politisches Signal setzte zudem das Nein zur Kostenbremsen-Initiative sowie die deutliche Zustimmung zur einheitlichen Finanzierung im Gesundheitswesen (EFAS), die künftig Fehlanreize beseitigen, die Ambulantisierung fördern und die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsakteuren stärken wird.
Ausserdem zeichnete die von der FMH geführte Schweizerische Akademie für Qualität in der Medizin (SAQM) praxiserprobte Qualitätsprojekte im Schweizer Gesundheitswesen aus, darunter innovative digitale Lösungen wie die SERO-App zur Suizidprävention und das Multiple-Sklerose-Cockpit. Auch die Schweizerische Ärztezeitung (SÄZ) richtete sich dieses Jahr neu aus und erscheint bis zum Neustart im Sommer 2025 ausschliesslich digital. Weiter setzten deutschsprachige Ärzteorganisationen mit einer gemeinsamen europäischen Strategie zur Sicherung der Arzneimittelversorgung ein klares Zeichen gegen Lieferengpässe.
Schliesslich definierte die FMH in ihrer neuen Strategie 2025–2028 klare Ziele und setzte Fokusthemen, die für das Gesundheitswesen und die Ärzteschaft aktuell von hoher Bedeutung sind: Genügend Fachkräfte, eine erfolgreiche Ambulantisierung und administrative Entlastung.
Der folgende Rückblick fasst die wichtigsten Entwicklungen des Jahres zusammen und zeigt, wie die FMH mit ihrem Engagement einen Beitrag zur langfristigen Sicherung einer leistungsfähigen, fairen und nachhaltigen Gesundheitsversorgung in der Schweiz geleistet hat.
Mit der Kampagne «Für Sie» setzt die FMH ein starkes Zeichen für die essenzielle Rolle der Ärzteschaft für die Schweizer Bevölkerung und macht auf den drohenden Fachkräftemangel aufmerksam. Mit authentischen Einblicken in den Berufsalltag und der Betonung der Beziehung zwischen Ärztinnen, Ärzten und Patientinnen, Patienten will die Kampagne nicht nur das öffentliche Bewusstsein stärken, sondern auch die Attraktivität des Arztberufs fördern. Besonders die zukünftigen politischen Entscheidungen werden dabei bedeutsam sein, um eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung langfristig sicherzustellen.
Die FMH-Ärztestatistik 2023 macht die dringenden Herausforderungen des Fachkräftemangels und der Auslandsabhängigkeit sichtbar. Über 40 % der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte stammen aus dem Ausland – ein Hinweis auf die hohe Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften. Trotz eines Anstiegs von 2,3 % bei den Vollzeitäquivalenten bleibt der Fachkräftemangel akut. Besonders die Grundversorgung leidet unter einer zu geringen Ärztedichte.
Die Zahlen zeigen: Die Arbeitslast bleibt hoch, während administrative Aufgaben zunehmen und sinkende Arbeitspensen sowie die Pensionierungen der Babyboomergeneration die Versorgung zusätzlich belasten.
Die anspruchsvollen Arbeitsbedingungen erschweren zudem den Einstieg in den Beruf, weshalb die FMH Massnahmen wie mehr Ausbildungsplätze, moderne Arbeitsmodelle und eine Reduktion der Bürokratie fordert, um die Attraktivität des Berufs zu steigern und so langfristig die Qualität der Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.
Der Preis «Innovation Qualité 2024», der von der Schweizerischen Akademie für Qualität in der Medizin SAQM vergeben wird, würdigt Projekte, die nachhaltig die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern. Die drei wegweisenden Projekte, welche den Qualitätspreis gewonnen haben, waren die Folgenden:
Mit der Auszeichnung setzt die SAQM ein Zeichen für die Bedeutung von Innovation und Qualität in der Medizin und fördert die Weiterentwicklung des Schweizer Gesundheitswesens.
Das deutliche Nein zur Kostenbremse am 9. Juni 2024 der Schweizer Stimmbevölkerung stärkt die Grundlage für eine qualitativ hochwertige und zugängliche Gesundheitsversorgung. Die Initiative hätte durch Rationierungen und Wartezeiten insbesondere für grundversicherte Patientinnen und Patienten zu massiven Einschränkungen geführt. Stattdessen setzt die Bevölkerung auf die Stärkung der Grundversorgung und eine bessere Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe.
Mit TARDOC startet die Schweiz in eine neue Ära der ambulanten Tarifierung, die veraltete Strukturen ersetzt und die Grundversorgung stärkt. Am 19. Juni 2024 kündigte der Bundesrat die Einführung der neuen ambulanten Tarifreform auf den 1. Januar 2026 an. Er hat TARDOC und die ambulanten Pauschalen teilgenehmigt und mit umfangreichen Auflagen an deren Einführung verknüpft. Damit übernimmt er die Verantwortung, auch in Bezug auf die Realisierbarkeit des neuen Tarifsystems. Die Tarifpartner müssen diese im Detail analysieren und die nötigen Schritte zur Realisierung innerhalb der gemeinsamen Tariforganisation OAAT AG angehen. Mit TARDOC wird die über 20 Jahre alte Tarifstruktur TARMED abgelöst und durch eine zeitgemässe, sachgerechte Tarifierung ersetzt. Der Tarif verbessert die Ressourcenzuteilung, beseitigt Fehlanreize und stärkt die Grundversorgung, insbesondere im Bereich der Hausärztinnen und Kinderärzte sowie der Psychiatrie.
Ärztliche Organisationen fordern geschlossen eine europäische Strategie, um die Arzneimittelversorgung nachhaltig zu sichern. Am 8. Juli 2024 verabschieden Vertreterinnen und Vertreter deutschsprachiger Ärzteorganisationen bei der 69. Konsultativtagung in Krems ein Communiqué, das eine europäische Strategie gegen zunehmende Arzneimittel-Lieferengpässe fordert. Mit der Verlagerung von Produktionsstätten nach Asien und der Schliessung europäischer Werke verschärfen sich die Engpässe, die bereits essenzielle Medikamente wie Antibiotika betreffen.
Die Ärzteorganisationen drängen auf eine Diversifizierung der Lieferketten, eine nachhaltige Stärkung der Produktion in Europa und wirksame Massnahmen zur Vorratshaltung. Sie fordern die Politik auf, entschlossen zu handeln, um eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung sicherzustellen und die Abhängigkeit von asiatischen Produktionsstätten zu verringern.
Diese gemeinsame Initiative unterstreicht die Dringlichkeit, Versorgungssicherheit für Patientinnen und Patienten europaweit nachhaltig zu gewährleisten.
Die Schweizerische Ärztezeitung erscheint nach der Insolvenz des EMH-Verlags in neuer, digitaler Form und richtet sich zukunftsorientiert aus. Im Zwei-Wochen-Rhythmus wird die SÄZ in kompakterer Form veröffentlicht und ist auf der FMH-Webseite abrufbar. Parallel dazu läuft die Neukonzeption der zukünftigen SÄZ, die bewährte Elemente des traditionellen «Gelben Heftes» aufgreifen und gezielt auf die Bedürfnisse der Leserschaft ausgerichtet werden soll. Mit diesem Schritt stellt die FMH die langfristige Weiterführung der SÄZ sicher und passt sie an die digitalen Anforderungen der Zukunft an.
Die Tarifpartner stellen die Weichen für eine zeitgemässe ambulante Versorgung, sichern damit die kontinuierliche Entwicklung der Tarife und erhalten die Tarifpartnerschaft. Diese Lösung stellt einen Kompromiss zwischen den Tarifpartnern dar, der die Einführung des Einzelleistungstarifs TARDOC sowie der ambulanten Pauschalen per 1. Januar 2026 und deren kontinuierliche Weiterentwicklung ermöglicht. Ärztinnen und Ärzte spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die wichtige Begleitvereinbarung stellt sicher, dass die Grundversorgung gestärkt wird und erkannte Fehler bei den Pauschalen schnell korrigiert werden können.
Die neue Strategie 2025–2028 definiert klare Ziele und Fokusthemen und richtet die FMH auf die Bedürfnisse der Ärzteschaft aus. Die Strategie basiert auf einer repräsentativen Mitgliederbefragung und setzt neun klar definierte Ziele. Die drei Fokusthemen «ausreichend Fachkräfte», «erfolgreiche Ambulantisierung» und «administrative Entlastung» setzen die Ziele in konkrete, handlungsorientierte Arbeitsschwerpunkte um und stärken damit die nachhaltige und zukunftsorientierte Gesundheitsversorgung.
Mit der einheitlichen Finanzierung setzt die Schweiz ein klares Signal für Effizienz, Qualität und Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen: Am 24. November 2024 beschliesst die Schweiz mit einem deutlichen «Ja» zur «EFAS-Vorlage» die Einführung der einheitlichen Finanzierung im Gesundheitswesen. Mit dieser von der FMH unterstützten Reform werden sämtliche Gesundheitsleistungen – ob ambulant oder stationär – künftig einheitlich finanziert, wodurch Fehlanreize korrigiert und die Prämienzahlenden entlastet werden.
Der einheitliche Finanzierungsschlüssel fördert die integrierte Versorgung, reduziert unnötige Doppelspurigkeiten und verbessert die Zusammenarbeit zwischen Ärztinnen und Ärzten, Pflegeheimen, Spitex-Diensten und weiteren Akteuren. Dies stärkt die Qualität der Versorgung und trägt zur Linderung des Fachkräftemangels bei.
Dank einer breiten Allianz aus Gesundheitsorganisationen, politischen Parteien und Kantonsvertretenden konnte eine der bedeutendsten Gesundheitsreformen der letzten Jahrzehnte zur Umsetzung freigegeben werden. Ein starkes Signal für die Reformfähigkeit der Schweiz im Gesundheitswesen.
Die Einigung über Notfallpauschalen bringt Klarheit und sichert die Qualität der ärztlichen Notfallversorgung langfristig: Am 20. Dezember 2024 verkünden die FMH, mfe und der Krankenversicherungsverband prio.swiss eine wegweisende Einigung zur Anwendung von Notfall- und Inkonvenienzpauschalen. Die Vereinbarung sorgt für Klarheit und Sicherheit bei der Abrechnung dieser Leistungen und trägt den modernen Arbeitsrealitäten der Ärztinnen und Ärzte Rechnung.
Nachdem das Bundesgerichtsurteil 9C_664/2023 vom 24. Juni 2024 in der praxisambulanten Notfallversorgung Unsicherheiten ausgelöst hatte, haben die FMH und prio.swiss eine Lösung gefunden für die Anwendung der Notfall- und Inkonvenienzpauschalen. Die Lösung ermöglicht es, die qualitativ hochstehende ärztliche Notfallversorgung durch Arztpraxen zu gewährleisten. Gleichzeitig setzt sie auf eine korrekte und einheitliche Anwendung der Tarife, deren Kontrolle in der Verantwortung der einzelnen Krankenversicherer liegt.
Entscheidend ist, dass neu kein Unterschied mehr zwischen selbstständig und unselbstständig tätigen Ärztinnen und Ärzten gemacht wird.
Mit diesen Entwicklungen hat die FMH 2024 entscheidende Impulse für die Zukunft der Gesundheitsversorgung gesetzt. Der Fokus auf Qualität, Fachkräftesicherung und innovative Versorgungslösungen bleibt auch in den kommenden Jahren als zentrale Herausforderungen.